Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert nicht nur den Umgang mit Texten und Bildern, sondern hat auch das Potential, Engineering-Prozesse zu optimieren. Dr. Pouria Bigvand, Leiter der Bereiche Produktmanagement und Research & Development bei AUCOTEC, erklärt, wie KI das Engineering von Produktionsanlagen unterstützen kann. Mit diesem Thema hat er sich schon in seiner Dissertation beschäftigt und ist stets drangeblieben.
Seit dem Hype um ChatGPT Ende 2022 werden KITools nicht mehr nur von einer kleinen Ingenieursgruppe genutzt, sondern von der breiten Masse. Damit sind auch die Möglichkeiten, die KI bietet, noch deutlich sichtbarer geworden – auch für Unternehmen. Die Anwendung generativer KI und insbesondere die Entwicklung großer Sprachmodelle (Large Language Models – LLMs) auf der Grundlage einer fast unbegrenzten Menge von Trainingsdaten im frei zugänglichen Internet, machen es möglich.
Experten sind sich jedoch einig, dass die generative KI nur eine kleinere Untergruppe der KI darstellt, und dass in einigen spezifischen Bereichen die Verfügbarkeit von Trainingsdaten nicht so groß ist wie die von im Internet veröffentlichten Texten. In diesen Bereichen ist das überwachte maschinelle Lernen neben den LLMs nach wie vor ein wichtiger Ansatz.
Quantität und Qualität?
„Auf dieser Basis“, so Bigvand, „gibt es einige Anwendungsfälle im Engineering von Produktionsanlagen, die vom Einsatz von KI erheblich profitieren können.“ Das wären beispielsweise:
- die automatische Generierung von Datenmodellen und Diagrammen durch LLMs, also die automatische Generierung des Datenmodells einer Komponente
- die automatische Korrektur von Datenmodellen und Diagrammen, also Korrekturvorschläge für das Datenmodell auf der Basis ähnlicher Tokens, die vom LLM ermittelt wurden
- die Gefährdungs- und Risikoanalyse HAZOP (Hazard and Operability), also die Identifizierung von Konstellationen, die als gefährlich eingestuft werden können
- die Migration von Altdokumenten mit Hilfe von Bildverarbeitung und ML-Modellen.
Von PDFs zum digitalen Zwilling
Ebenso kann eine KI lernen, Diagramme zu „verstehen“. Sie kann darauf trainiert werden, die abgebildeten Komponenten in PDF- oder PNG-Dateien einzuordnen. Das macht sich AUCOTEC zunutze und arbeitet an einer einzigartigen Unterstützung von Projekten zur Übernahme der Bestandsdokumentation in die datenzentrierte Software Engineering Base.
Ziel ist es, alle Diagrammtypen aus den Bereichen Prozess-, MSR-, Elektro- und Hydrauliktechnik in nicht maschinenlesbare Formate wie PNG oder PDF zu migrieren und parallel zu den PDF-Dateien ein Datenmodell mit Hotspots für Navigationszwecke zu erzeugen. „Allerdings“, so Bigvand, „bedarf es nach wie vor erfahrener Experten, um Überprüfungen durchzuführen und das KI-Modell zu verbessern. Da sind für jeden Datensatz mehrere Korrekturschleifen und Feinabstimmungen erforderlich.“
Training zahlt sich also aus. Denn anschließend lassen sich aus jahrzehntealten Anlagendokumentationen sehr effizient Objektmodelle erstellen. Wartungs- und Modernisierungsarbeiten werden dadurch erheblich erleichtert. „Vieles ist diesbezüglich für maschinenlesbare Formate wie DWG in Engineering Base zwar bereits möglich, doch KI wird auch längst tot geglaubten Dokumenten neues Leben einhauchen“, sagt Bigvand.
Mehr als nur suchen
Wenn die Anbieter von Engineering-Tools derzeit von den KI-Funktionen ihrer Tools sprechen, dann meinen sie meist eine erweiterte Suchfunktion, die große Mengen an Text verarbeiten kann und sinnvolle Antworten, Listen oder Komponenten liefert. Doch wir bei AUCOTEC sind sicher, dass KI in der Welt des Anlagen- und Maschinenbaus noch viel mehr leisten kann, wenn „strukturierte“ Daten in großem Umfang verfügbar sind. Und: „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird es unumgänglich sein, sich die Fähigkeiten von KI zunutze machen zu können“, so Bigvand.
Engineering Base scheint dafür wie geschaffen: offen für Integrationen, disziplinübergreifend datenzentriert und dazu außergewöhnlich konsistent und transparent.