Die Zeche Zollverein in Essen bot am 27. September eine geschichtsträchtige Kulisse für AUCOTECs fünften Technologietag, der dieses Mal ganz im Zeichen der Energienetze stand. Die stillgelegte Zeche und der Blick auf viel Grün statt auf qualmende Schlote, wie sie noch in den 1960er Jahren das Ruhrgebiet prägten, zeugten symbolisch von den massiven Veränderungen, die heute auch die Netzbauer und -betreiber vor enorme Herausforderungen stellen.
„Chancen nutzen statt Wandel bekämpfen“
Key Speaker Dr. Thies Clausen, Energiemarkt-Auskenner bei den Change-Management-Experten der Berliner Kommunikationsagentur Johanssen & Kretschmer, betonte: „Die Energiewirtschaft wandelt sich disruptiv. Die Innovationskraft dieses Wandels entspricht etwa den Veränderungen durch Buchdruck und Dampfmaschine – zusammengenommen!“ Nach seiner Einschätzung sei jetzt die „Dekade der Netze“. Dabei gälte es, neben Strom auch Gas, Wasser und ggf. neue Sektoren zu koppeln. Eine gigantische Informationsverarbeitung in Echtzeit ist dazu erforderlich. In Anlehnung an das kalifornische Silicon Valley sprach Dr. Clausen aber auch von Deutschlands großer Chance, zum „EnerValley“ zu werden. Sein Appell an die Gäste: „Die Unternehmen müssen die Chancen nutzen, statt den Wandel zu bekämpfen. Wer sich nicht anpasst, wird untergehen!“
75 % schneller
Die Teilnehmer des Technologietages sind längst mitten im Wandel. Die Vorträge zu Praxisbeispielen von SAG, TransnetBW und TenneT zeigten eindrucksvoll, wie das digitale Datenmodell einer Anlage einen erheblichen Zeitgewinn bringt und gleichzeitig die Datenqualität inklusive Zuverlässigkeit verbessert. Für sie unerlässlich, denn Zeitdruck und Projektmengen sind gigantisch gestiegen.
TenneTs Zahlen dazu können kaum eindrücklicher sein: Der bloße Einsatz von AUCOTECs System Engineering Base (EB) brachte den Netzbetreibern 20 % Ersparnis im Workflow, unter anderem durch die Funktionsorientierung. Als zusätzlichen Turbo bezeichnet TenneT EBs Advanced Typical Manager. Damit reduzierte sich die Zahl der Projektvorlagen und Typicals von 30.000 auf weniger als 10.000 Blatt. Daneben berichtete AUCOTEC-Produktmanagerin Michaela Ott von 75 % Zeitersparnis bei der Konfiguration und Erstellung des Schaltungsbuches für ein Umspannwerk. Das bestätigten die anwesenden TenneT-Ingenieure ausdrücklich. Und weil vielleicht nicht alle das hinzugefügte „mindestens“ gehört haben, sei es hier noch einmal erwähnt.
Neue Geschäftsbereiche
Für SAG CeGit war eher die optimierte Datenhaltung ausschlaggebend, EB zu nutzen, denn die Digitalisierung und explodierenden Datenmengen erforderten neue Wege, erklärte SAGs Softwareexperte Dr. David Echternacht. SAG hat die Herausforderungen für die Betreiber verstanden und bietet mit seinem neuen „Asset Master“ Prozessanalyse und Beratung an, um Instandhaltungskosten zu senken. Dazu wird auch EB empfohlen, denn seine Offenheit und Datenbankbasierung ermöglicht es Betreibern, Daten-Redundanzen erheblich zu reduzieren sowie die Anlagen effizienter und gleichzeitig normgerecht zu strukturieren.
Noch mehr sparen in der Ausschreibungsphase
Wieder andere Erfahrungen verdeutlichte der Evaluierungsbericht über den Netzbetreiber TransnetBW, der sich mit Hilfe einer Machbarkeitsstudie, „Proof of Concept“ genannt, von EBs Prozessoptimierungs- und Einsparpotenzial überzeugen ließ. Entscheidend für die Aussagekraft der Analyse sei das gegenseitige Vertrauen und die darauf gegründete Offenheit, die beide Unternehmen verbindet, so Gerd Obenhack-Rehberger von AUCOTEC. Das Ergebnis war für Transnet eine Überraschung: Nicht das Engineering an sich ist der Kern für die Einsparungen, sondern die Ausschreibungs- und Vorplanungsphase mit ihrem bisher immens aufwändigen Abgleich der Zuliefererdaten, der sich mit EB enorm vereinfachen und beschleunigen lässt. Wie aus der Studie effiziente Praxis wird, berichten wir zu gegebener Zeit.